Häftlings-Massaker in Celle aufgearbeitet

"Hasenjagd" verharmlost das Morden / Präsentation der ersten Ausgabe der "Celler Hefte" im Bomann Museum

CELLE. "Am 8. April 1945 vier Tage vor der Besetzung durch alliierte Truppen - war Celle das Ziel eines groß angelegten Luftangriffs. Dabei wurde auf einem Rangiergleis des Güterbahnhofs ein Zug getroffen, der ungefähr 4000 Männer, Frauen und Jugendliche aus mehreren Außenlagern des KZ Neuengamme nach Bergen-Belsen bringen sollte ...", so steht es auf dem Mahnmal von Jonny Lucius in den Triftanlagen. Dennoch hat sich die intensive Beschäftigung, die faktische Offenlegung der Ereignisse für die Stadt Celle als sehr schwierig erwiesen - das jedenfalls war der allgemeine Konsens der Veranstaltung am Montag im Cafe des Bomann-Museums.
Anlass war die Publikation des ersten "Celler [Doppel-) Heftes mit dem Titel "Hasenjagd in Celle. Das Massaker am 8. April 1945", herausgegeben von der RWLE-Möller-Stiftung. Die "Celler Hefte als ein Forum für kulturelle und gesellschaftspolitische Fragestellungen folgen einem Brauch, der seit der Erfindung des Buchdrucks lebendig geblieben ist: sich zu gesellschaftlich relevanten Themen zu Wort zu melden: "Die Hefte sollen nicht unterhalten, sondern sich einmischen und zugleich an den Stiftungsgründer RWLE Möller erinnern", wie Mitherausgeber und Redakteur Oskar Ansull betonte.
Wie viel Redebedarf auch heute noch besteht, besonders hinsichtlich der vernichtenden Ereignisse vom April 1945, zeigen die Interviews, die Elke Zacharias als Mitautorin, Historikerin und Leiterin der Gedenk- und Dokumentationsstätte KZ Salzgitter-Drütte mit Betroffenen führte und den Gästen auf einfühlsame Weise näherbrachte.
Den thematischen Anstoß habe das erste Heft durch das "sorgfältig recherchierte" Buch "Shifting Memories" des australischen Historikers Klaus Neumann - gebürtig in Hildesheim erhalten, so Ralph B. Hirsch, der sich in seinem Vorwort von dem verharmlosenden, die Gräuel auf eine "Sportveranstaltung" reduzierenden Begriff "Hasenjagd" abwendet und fordert: "Sechzig Jahre nach der Hasenjagd ist es Zeit, davon Abschied zu nehmen als etwas, das - so weit möglich - versteckt und verschwiegen werden muss. Es ist Zeit, das Massaker ein Massaker zu nennen, und die Geschehnisse vom 8. April 1945 als eine Herausforderung, ja eine Chance für die Stadt Celle zu sehen."
Das erste Heft mit 80 Seiten, wird in allen Celler Buchhandlungen und (auf Anfrage) bei der Stiftung für 4 Euro erhältlich sein.

Aus: Cellesche Zeitung, 05.04.2005